Book Mockup BK E11

140 Jahre AOK: Die etwas andere Festschrift

Zum 140-jährigen Geburtstag der AOK entstand mit "140 Jahre AOK – Eine Geschichte der Menschen" ein besonderes Buch samt Ausstellung – im Comic-Stil.

Im Interview sprechen Lutz Brocker, Director Copy, und Luise Herzog, Marketing Managerin, (beide MetaDesign) über das Projekt, den Prozess dahinter und die Herausforderungen bei der Gestaltung der illustrierten Geschichten.

17 Magazine Mockups vol
AOK Book Mockup 052

Luise Herzog: Kannst du uns kurz erzählen, wie die Idee zur AOK Graphic Novel entstanden ist und wie das Projekt gestartet wurde?

Lutz Brocker: Die Idee kam tatsächlich von der AOK selbst. Sie wollten zum 140. Jubiläum mal “was anderes” machen. Statt der üblichen Festschrift oder Broschüre sollte es eine Graphic Novel werden, ein Historien-Comic sozusagen.

Luise Herzog: Warum gerade eine Graphic Novel, welches Ziel hatte die AOK damit?

Lutz Brocker: Es ging darum, die komplexe und sicher auch etwas trockene Geschichte der Krankenversicherung bunter, lebhafter zu erzählen als sonst. Sie wollten auch ein anderes Publikum ansprechen: nicht nur Mitarbeitende, Fachleute und die Politik, sondern auch ihre Versicherten. Die besondere Leistung der AOK und unseres Sozialsystems sollte ihnen näher gebracht werden.

Luise Herzog: Die Entstehung einer Graphic Novel ist ein komplexer Prozess. Hattet ihr das vorher schon mal gemacht?

Lutz Brocker: Mit dem Anspruch und in der Art noch nicht. Es hat mir jedenfalls schnell Kopfzerbrechen bereitet. Einerseits hast du richtig Lust darauf. Andererseits weißt du, dass sich eine klassische Graphic Novel – z. B. wie die, die uns von der AOK als Beispiel genannt wurden – nur schwer in wenigen Wochen schreiben und vor allem zeichnen lässt. Wir starteten zum Jahresanfang und mussten pünktlich zum großen Jubiläumsevent Anfang Mai fertig sein. Zum Glück hatten wir schnell den passenden Illustrator gefunden.

Free A4 Brochure Mockup 05

Luise Herzog: Wer ist der Illustrator?

Lutz Brocker: Nino Bulling kommt hier aus Berlin und macht schon seit Jahren Graphic Novels, auch zu politischen Themen wie dem NSU-Prozess oder Genderthemen. Letztes Jahr war er auf der Documenta Fifteen vertreten. Da hatte ihn die Kollegin gesehen, die ihn vorschlug. Er passte ideal. Nicht nur weil er Lust und Zeit hatte, sondern weil sein Stil auch skizzenhafter und rauer ist als der “klassische” Zeichenstil in Comics. Damit waren wir schneller. Außerdem liegt sein Fokus auf Gesellschaftlichem und Menschen.

Luise Herzog: Wer war noch an der Erstellung der Grapic Novel beteiligt?

Lutz Brocker: Unser Design-Team, das sich um Layout und die Koordination mit Nino kümmerte. Die Beratung, die vor allem den straffen Zeitplan im Auge halten musste. Aber auch unsere Ansprechpartnerin von der AOK mit einer Reihe von Expert:innen, die Inspiration gaben oder einfach auf historische Richtigkeit achteten. Darüber hinaus gab es noch den Event, für den die Graphic Novel in einer Ausstellung aufbereitet wurde. Darum kümmerten sich die Kolleg:innen von MetaSpaces.

Luise Herzog: Hattet ihr einen bestimmten Workflow etabliert angesichts des Zeitrahmens?

Lutz Brocker: Klar. Erstmal lag der Ball beim Konzept. Wir mussten die Geschichte finden und drehbuchartig aufbereiten. Dann ging sie an Nino, der Feedback gab und erste Drafts erstellte, und natürlich an die Kundin. Stand aber die Geschichte erstmal, kamen wir im üblichen Hin und Her ziemlich schnell zum Ergebnis.

Luise Herzog: Wie viel Zeit beanspruchte die Recherche und Erstellung?

Lutz Brocker: Das war natürlich der Hauptpart. Dankenswerterweise hatte die Kundin zum Start einen Workshop organisiert, wo erfahrene AOKler:innen und sogar Professoren uns Input gaben. Aber die Liste an wichtigen Ereignissen und Wendepunkten war danach auch entsprechend lang. Daneben bekam ich ein dickes Paket Bücher, bestimmt 10 kg, in die ich mich einarbeiten konnte. Es dauerte fast einen Monat, bis daraus die ersten Geschichten entstanden.

AOK Book Mockup 05

Luise Herzog: Eine Geschichte oder die Geschichten? Kannst du uns etwas über den Inhalt erzählen?

Lutz Brocker: Tatsächlich war uns schnell klar, dass es schwierig wird, beispielsweise eine zusammenhängende Familiengeschichte über 140 Jahre zu erzählen. Um auch historischen Kontext einzubauen und die Inhalte im Rahmen zu halten, mussten wir sie in Zeitabschnitte zusammenfassen. Die waren bis zu 40 Jahre lang. Da war es schwierig textlich und illustrativ den Anschluss zu wahren: Ein Kind im einen, wäre ein Erwachsener im nächsten Kapitel. Deshalb entschieden wir uns zu Einzelgeschichten. Jede dreht sich um eine Personen, die für ihre Zeit und die Wendungen der Krankenversicherung steht: der Arbeiter, das Dienstmädchen, … Ihnen gaben wir ein Gesicht und sie uns einen kurzen Einblick in ihr Leben und wie es durch Krankheit, Versicherung, Gesellschaft geprägt war.

Luise Herzog: Sind das nun wahre Geschichten von echten Menschen oder reine Fiktion?

Lutz Brocker: Die Menschen sind erfunden, die meisten Geschichten basieren aber auf irgendeiner Inspiration oder sogar wahren Begebenheiten, die ich aus den Büchern, aus Zeitungsartikeln oder dem Internet gezogen habe. Wir haben schon darauf geachtet, historisch korrekt zu bleiben, haben aber eine gewisse Freiheit genutzt, die Menschen in ihren Lebensverhältnissen und Beziehungen zu erfinden.

Luise Herzog: Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung des Projekts? Gab es besondere Hürden, die gemeistert werden mussten?

Lutz Brocker: Zum einen natürlich die Komplexität des Themas, die Masse an Geschichte und Information. Und am Ende natürlich die Zeit. Wir wollten zum Beispiel erst einen schnellen Druck mit einfacherem Papier machen – aus Zeitgründen. Doch unsere Designer:innen hatten da zu Recht andere Ansprüche. Sie haben dann tatsächlich eine Druckerei gefunden, die uns hier mit Naturpapier und festem Einband in kurzer Zeit ein tolles Ergebnis bescherte.

Free A4 Brochure Mockup 053

Luise Herzog: Die Visuals und Illustrationen sind auffällig und ganz anders als der übliche AOK-Illustrationsstil, den MetaDesign selbst entwickelt hat. Gab es da Diskussionen?

Lutz Brocker: Natürlich war das zu Anfang ein Thema. Aber wir waren uns schnell – auch mit der AOK – einig, dass wir hier an einem Einzelmeister arbeiten. Der durfte und sollte durchaus einen eigenen Stil haben, der durch den Illustrator geprägt wird. Und hier passte Nino gut, weil er einfach besondere Menschen und Milieus zeichnet. In seinem eigenen, künstlerischen Stil.

Luise Herzog: Die Graphic Novel wurde erstmalig bei der Jubiläumsfeier vorgestellt. Dazu gab es eine Ausstellung – wie sah die aus?

Lutz Brocker: Hier waren auch Zeit und Workflow wieder große Themen: Unsere Kolleg:innen von MetaSpaces wollten und sollten unsere Inhalte für die Ausstellung nutzen, mussten aber erstmal mit halbfertigen Designs arbeiten. Im Endeffekt haben sie es toll hinbekommen. Jedes Kapitel aus dem Buch bekam ein eigenes kleines “Diorama”, mit den Protagonisten als Cut-Outs und Textabschnitten aus dem Buch. Alle Teilnehmer:innen des Events bekamen unser Buch und auch die Bühne hatte “Eine Geschichte der Menschen” als Hintergrund.

230510 MFD 176
230510 MFD 137
230510 MFD 167
230510 MFD 139
230510 MFD 216

Luise Herzog: Gab es Feedback oder Erfahrungen, die besonders hervorstachen?

Lutz Brocker: Es ist natürlich etwas Besonderes, wenn sich die Vorsitzenden des Aufsichtsrats persönlich bedanken. Außerdem durfte ich Bücher signieren. Das habe ich bisher auch noch nicht erlebt.

Luise Herzog: Welche Rolle spielte die Zusammenarbeit zwischen MetaDesign und dem AOK-Bundesverband bei diesem Projekt? Gab es besondere Aspekte, die diese Zusammenarbeit erfolgreich gemacht haben?

Lutz Brocker: Gerade in Anbetracht der Zeit, aber auch der Wichtigkeit des Events war gute Zusammenarbeit entscheidend. Dabei half, dass das Projekt ziemlich weit oben beim Bundesverband angesiedelt war. Damit entfiel die übliche “Gremienarbeit”. Zum anderen wurden Entscheidungen schnell und pragmatisch getroffen, das Feedback kam gezielt und die Schleifen hielten sich im Rahmen. Unsere Ansprechpartnerin war selbst super engagiert und lieferte Texte und Inspiration im direkten Austausch mit mir. Es war einfach eine sehr produktive Stimmung im Team.

AOK grün backgroud

"Es ist natürlich etwas Besonderes, wenn sich die Vorsitzenden des Aufsichtsrats persönlich bedanken. Außerdem durfte ich Bücher signieren. Das habe ich bisher auch noch nicht erlebt."

Lutz Brocker, Director Copy, MetaDesign

Luise Herzog: Welche langfristigen Ziele hat der AOK-Bundesverband mit diesem Projekt?

Lutz Brocker: Eher mittelfristig sind die Ziele, die Comics auch noch in Social Media und vor allem als Online-Version zu verarbeiten. Da müssen wir schauen, was die Zukunft bringt. Außerdem soll die Ausstellung auf Tour gehen durch die Landesverbände der AOK. Und das Buch ist mittlerweile in der 2. Auflage, weil die AOKs kräftig nachordern.

Luise Herzog: Gibt es weitere Projekte oder Pläne in der Zukunft, die an die Graphic Novel anknüpfen oder auf ihr aufbauen?

Lutz Brocker: Konkret ist darüber hinaus nichts geplant. Aber das nächste Jubiläum kommt bestimmt.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie Lutz Brocker.

lutz.brocker@metadesign.com