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Realigning and rethinking retail

Stephan Maus, Creative Director von MetaDesigns Raumspezialisten MetaSpaces, im Interview mit Kollegen Adrian Brill, Director Communications, über neue Herausforderungen und Möglichkeiten für Unternehmen Ihre Marke im Raum zu inszenieren.

AB: Aktuell ist das MetaVerse in aller Munde. Ist das ein Thema ein Hype oder relevante Entwicklung?

SM: Das Thema ist sehr spannend. Zunächst ist wichtig, das Ganze entkoppelt von Meta bzw. Facebook zu betrachten. Der Begriff und das Thema sind wesentlich größer. Entscheidend ist, dass im Grunde alle Tech-Giganten an ähnlichen Visionen arbeiten bzw. in sie investieren. Offensichtlich sieht man in breit angelegten virtuellen Plattformen riesige Business-Potentiale. Viele Funktionalitäten (Kommunikation, Productplacement, Bezahl-Services etc.) deren Integration heute Einzelentwicklungen erfordern, könnten zukünftig gesamtheitlich in solchen Plattformlösungen angelegt sein. Es ist damit zu rechnen, dass die Akzeptanz, Fähigkeiten und Gewohnheiten von Nutzern mit dieser Technologie mitwachsen werden. Unternehmen sollten hier schon hinschauen. Am Ende ist auch das MetaVerse ein Ort, der gestaltet und individualisiert werden will. Ich halten es für wahrscheinlich, dass durch diese Entwicklung die Gestaltung virtueller Umgebungen einfacher und alltäglicher werden wird. Unternehmen, die hier präsent sein wollen, werden ohne Zweifel auch hier nach einem differenzierende Markenauftritt mit einer einzigartigen Experience streben. Das ist genau das Thema, in dem wir uns wohlfühlen - im Großen wie im Kleinen, im Virtuellen wie im Analogen.

AB: In den vergangenen Jahren gab es den einen oder anderen Game-Changer, was das Thema Marke im Raum betrifft, zum Beispiel virtuelle Anwendungen. Was sind Eure Learnings?

SM: Was spannend war: virtuelle Räume unterliegen im Grunde keinen physischen oder baulichen Begrenzungen. Man hat die Freiheit sehr konkrete, fantasievolle oder abstrakte Orte zu schaffen. Wir haben gelernt, dass virtuelle Konzepte mindestens genauso schlüssig durchdacht sein müssen, wie die für physische Umsetzungen – insbesondere die User Experience eines Virtual Space. Hier haben Unternehmen häufig falsche Erwartungen und glauben, das Thema sei vor allem eine Möglichkeit Zeit und Kosten einzusparen. Zumindest für erstmalige oder kurzfristig gedachte Umsetzungen ist das nicht der Fall. Auf längere Strecke sind diese Potentiale aber durchaus gegeben.

AB: Marke im Raum: Warum ist das Thema gerade jetzt so relevant?

SM: Auch ohne die Pandemie gab es bereits sich ändernde Rahmenbedingungen und den Druck die fortschreitende Digitalisierung auf sinnvolle Weise mit den Retail Geschäft zu verzahnen. Die vergangenen zwei Jahre haben das drastisch beschleunigt und allen vor Augen geführt, wie weit man auch ohne den Besuch eines Shops oder Kaufhauses kommt. Für einige Jahrgänge junger Menschen ist sogar der persönliche Einstieg in das Thema Shopping völlig anders geprägt. Was machen wir daraus? Wie gehen wir mit neu gewachsenen Gewohnheiten und Erwartungen um? Und welche Rolle soll der stationäre Auftritt in Zukunft spielen? Die Herausforderungen für räumliche Markeninszenierungen sind groß und für viele Unternehmen ist es Zeit für eine Positionsbestimmung und Neuausrichtung.

AB: Die Frage ist berechtigt: was bedeutet das für den stationären Handel?

SM: Man sieht bereits ganz klar, dass die Menschen hungrig danach sind, sich wieder zu treffen, etwas zu erleben, inspirierende Orte aufzusuchen. Hier können, ja müssen, Marken relevante Angebote schaffen. Der Click beim Kauf eines Produktes auf einer Online-Plattform kann ein Einkaufserlebnis an einem inspirierenden Ort, eine wirklich persönliche Beratung oder überraschende Erlebnisse nicht wirklich aufwiegen.

AB: Was konkret läuft denn unter den neuen Rahmenbedingungen anders - für einen Messebesucher zum Beispiel?

SM: Unter Umständen ist ein physischer Messebesuch kürzer (zum Beispiel nur ein Tag ohne Hotelübernachtung). Aber ihm gehen bereits mehrere virtuelle Veranstaltungsteilnahmen oder Meetings voraus, die der Besucher am Vortag über das virtuelle Angebot wahrgenommen hat. Natürlich hat dieser Besucher die Erwartung, dass die Informationen, Interessen, Entscheidungen das auch in die Beratung beim Besuch der Physischen Messe einfließen. Darüberhinaus ist hilfreich, wenn der physische Anteil in einer ähnlichen Logik oder zumindest die gleichen Leitmotive folgend konzipiert wurde. Das erleichtert die Orientierung und vermeidet unerwünschte Brüche in der Erfahrungskette.

AB: Das hört sich so an, als ob Unternehmen in Zukunft grundsätzlich beides bereitstellen müssen – physische und virtuelle Messen. Ist das die neue Maxime und wie effizient ist das für Unternehmen?

SM: Man kann hier nicht von einem Muss bzw. einer allgemeingültigen Entwicklung sprechen, aber doch von einem klar sichtbaren Trend. Verschiedene große Unternehmen aber auch Mittelständler haben jüngst grundsätzlich den Entschluss gefasst, künftig ihre Messestände hybrid zu konzipieren. Effizient kann das für ein Unternehmen sein, weil man den virtuellen Anteil, den Content, aber auch Datensätze, über die eine konkrete Messe weiterverwenden kann. Zum Beispiel nutzt man sie für weitere Gesprächsforen wie eine Vertriebskonferenz oder sogar den POS Auftritt. Darüberhinaus kann man mit der virtuellen Komponente sehr schnell auf sich spontan ändernde Rahmenbedingungen wie den Ausfall einer Messe oder das Fehlen eines besonderen Exponates reagieren. So etwas umzusetzen, erfordert nicht nur ein Umdenken für das Selbstverständnis der bisherigen Messeabteilungen auf Unternehmensseite. Auch für uns als Dienstleister bedeutet es, dass sich Konzeptanforderungen und die Art wie wir sie verkaufen, sich ändern. Es liegt auf der Hand, dass es ein etwas anderes Fachwissen bzw. Verständnis benötigt als bei der Gestaltung einer klassischen Messearchitektur. Man muss sich intensiv mit der User-Journey und den möglichen Schnittstellen zwischen physischem und virtuellem Auftritt auseinandersetzen. Die grundsätzliche Ästhetik und Funktionalität beider Bestandteile in Einklang zu bringen, ist für uns aktuell ein spannendes Arbeitsfeld.

AB: Wie kommt ihr zu Euren Lösungen?

SM: Bei der Suche nach Lösungen wird der Kunde in der Regel von Anfang an einbezogen. Das muss auch so sein, da bei virtuellen oder hybriden Formaten in der Regel auf der bestehenden digitalen Infrastruktur des Kunden aufgesetzt werden soll. Unser Prozess startet in der Regel mit gemeinsamen Workshops oder Designsprints. Messe ist und bleibt ein Termingeschäft. Ob physisch oder virtuell.

Stephan Maus ist Creative Director bei MetaSpaces in Berlin. Sie können ihn unter stephan.maus@metadesign.com kontaktieren.